mixxmaster’s blog

Manchmal lässt man sich in all dem, was man kurzfassend Leben nennt, viel zu sehr gehen. In Liebe und Angst und in Ehrfurcht zu dem Hier und Jetzt kann es passieren, dass man sich selbst verschenkt, zu vieles an zu falschen Orten verausgabt und man letztlich wie ein Betrunkener über die eigenen Füße stolpert.

Wenn man sowieso schon die Standfestigkeit verloren hat, hilft es vielleicht, sich gleich einen neuen Standpunkt zu suchen, am besten ganz weit oben. Sich vom Horizont abseilen, unter einem das Wirrwarr des Alltages, darüber aber frische Luft für neue Ideen. Einfach nur die schöne Aussicht genießen, sich hängen lassen und all der Dinge harren, die da noch kommen mögen.

So wie die Schuhe, die bereits seit Frühling von der Telefonleitung in meiner Straße baumeln. Schuhe auf Leitungen oder Bäume zu hängen scheint als - wenn auch etwas langweilige - Kunstform im öffentlichen Raum wiederentdeckt worden zu sein. Im Urban-Art-Slang dann Shoefiti genannt. Ganze Schuh-Arkaden wurden da gebastelt.

In den USA wurden ursprünglich so die Schuhe eines getöteten Gangmitglieds an der Stelle des Mordes aufgehängt, oder die Schuhe markierten Drogenumschlagplätze. Andere versuchten auf diese Art, ihr Haus vor bösen Geistern zu schützen. In Irland demonstrierten die Buben so ihre verlorene Unschuld. Quasi, ich bin jetzt ein echter Mann, ab jetzt bin ich hart genug, barfüßig durch die Welt zu gehen.

Wer auch immer aus meiner Nachbarschaft nun ohne Schuhe durch die Straßen zieht, ich vertraue gerade in diesen schwierigen Tagen auf ein festes Schuhwerk mit tiefem Profil, das Halt und Sicherheit gibt, das Gesundheit und Komfort verspricht und mich nicht in der Luft baumeln lässt. Auch wenn’s einfacher wäre, darf man sich nicht hängen lassen.

Hinaus in die frische Luft, den kühlen Herbstwind im Rücken, geht es weiter. Schritt für Schritt der Straße entlang, ein Ziel vor Augen aber der Weg noch nicht genau definiert, werfe ich einen Blick nach oben.

Einfach nicht hängen lassen.

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